Yin & Yang. Yang & Yin.

Es gibt Frauen, die als sehr weiblich und Männer, die als sehr männlich bezeichnet werden. Ebenso wie es Frauen gibt, denen männliche Züge zugesprochen werden und Männer, die als weiblicher gelten. Und innerhalb dieser Ausprägungen gibt es ebenso unzählige Varianten. Und nichts davon ist gut oder schlecht, richtig oder falsch, erstrebenswert oder weniger erstrebenswert. Jede dieser Ausprägungen ist absolut wundervoll und vollkommen.

Wir leben jedoch in einer Gesellschaft, in der wir gewisse Eigenschaften als besser oder schlechter darstellen. Was dazu führen kann, dass wir permanent versuchen, uns „weiblich“ oder „männlich“ zu verhalten um klassischen Rollenbildern gerecht zu werden.

Was ist, wenn wir den Fokus weg von Anatomie und hin zu Energie zu lenken? Wenn wir erkennen, dass es maskuline Energie und feminine Energie gibt? Und dass wir beide Energien in uns tragen – in unterschiedlichem Ausmaß, egal ob wir uns als Frau, Mann oder irgendwo dazwischen sehen.

Und was ist, wenn maskuline und feminine Energien nun gar keine entgegengesetzten Energien sind? Was, wenn diese einander ergänzen? Einander vervollständigen? Einander brauchen?

Maskuline und feminine Energien interagieren dynamisch, schwächen und stärken einander und gleichen einander aus. Gemeinsam kreieren sie ein lebendes, integrales und ganzheitliches System. Das System Leben. Männliche und weibliche Energien in ihrem kosmischen Tanz sind die Quelle allen Lebens. Wir brauchen sie beide. Sie brauchen einander.

In unserer Wahrnehmung gibt es Licht und Dunkelheit, Tag und Nacht, Sonne und Mond etc. – nichts davon ist gut oder schlecht. Ohne Licht wäre alles formlos und finster. Die Nacht erlaubt uns die Helligkeit und Wärme des Tages zu schätzen. Am Tag können wir das Spiel zwischen Licht und Schatten beobachten. Beide Aspekte sind wunderschön. Beide Aspekte brauchen wir.

Die alten Chinesen (Daoisten) haben verstanden, dass das ganze Universum aus zwei fundamentalen Kräften besteht, die sich in Harmonie bewegen. Tag und Nacht, Einatmung und Ausatmung, Energie und Materie. Wir brauchen beide. Yang und Yin. Gemeinsam formen sie ein harmonisches Ganzes. Die Kernbedeutung von Yin und Yang bezieht sich auf die sonnige und die schattige Seite des Berges.

 

YANG FEUER und YIN FLUSS

Yang ist die statische, heiße, feurige Kraft, die mit der maskulinen Energie und der Sonne in Verbindung gebracht wird. Yin ist die sich verändernde, kühle Wasser-Kraft, die mit der femininen Energie und dem Mond verbunden wird.

Daoistische Lehren erklären, dass die meisten von uns einen Pol haben, der stärker ausgeprägt ist als der andere – diese Primär-Energie (Kern-Energie) prägt vordergründige Charakteristiken, Merkmale und Tendenzen.

Unsere sekundäre Energie unterstützt, ergänzt und gleicht die Kernenergie aus.

Die Primär-Energie der meisten Frauen ist Yin, während die der meisten Männer Yang ist. Da es aber ebenso viele Ausprägungen wie Menschen gibt, kann dies nicht vereinheitlicht für alle gelten. Es gibt natürlich auch Frauen, die vorherrschend Yang und Männer, die Großteils Yin in sich tragen. Es gibt auch seltene Fälle, wo Yin und Yang ausgeglichen ist.

 

YIN Fluss

Yin, die feminine Kraft, ist verbunden mit der Mond-Energie. Sie ist kalt wie Wasser, langsam fließend und nachgiebig. Sie flaut ab und nimmt zu. Sie ist in einem Prozess der konstanten Transformation. So wie die Energie des Mondes. Und so wie die Energie des Menstruationszyklus. (Wissenswert: vor den Einflüssen des modernen Lebens, vor allem des künstlichen Lichtes, waren die Zyklen der Frau tatsächlich ident mit den Zyklen des Mondes.)

Frauen sind unbeständiger, schon alleine aufgrund ihrer zyklischen Natur. Ihre Lebenszyklen führen zu sich ständig verändernden Hormon- und Energielevels, was dazu führt, dass auch ihre psychischen und physischen Bedürfnisse ständig variieren.

Yin ist prozess- und weniger ziel-orientiert, kann viele Dinge zugleich machen und sieht das große Ganze. Ob das nun ein neues Lebewesen oder aber ein Kunstwerk oder eine revolutionäre Vision ist, Yin-Magie ist am Werk wenn wir Inspiration erhalten, diese wirken und arbeiten lassen und dann eine neue Kreation in diese Welt bringen. Yin ist außerdem das Mystische, das Unerklärliche. Das, was man nicht sehen kann, sondern spüren muss.

 

YANG Feuer

Yang-Energie ist feurig, schnell und fokussiert. Sie ist nach außen gerichtet, aktiv und durchsetzungsfähig. Yang initiiert und ist richtungsweisend. Yang wird mit dem Maskulinen verbunden. Menschen mit Kern-Yang-Energie sind sehr fokussiert, zielorientiert, wenden Konkurrenz ab und ziehen in Richtung Ziel.

Während es ab und an Veränderungen gibt, sind maskuline Lebens-Übergänge grundsätzlich eher sukzessiv und graduell. Yang ist stetig und konsistent. Yang mag die Oberfläche und das Offensichtliche.

 

Der Tanz von Yin und Yang

Innerhalb jeder Energie ist außerdem die Essenz der Komplementär-Energie präsent. Yin beinhaltet Yang und Yang beinhaltet Yin. Beide Kräfte sind immer präsent. Jede ist in der jeweils anderen inkludiert.

“There is a pair of opposites in all things, and in each there exists the spirit of the opposite: in man the quality of woman, in woman the spirit of man, in the sun the form of the moon, in the moon the light of the sun. The closer one approaches reality, the nearer one arrives at unity.” HAZRAT INAYAT KHAN

Und gleichzeitig kann man erkennen, dass Yin zu Yang und Yang zu Yin wird. Diese Transformationen können schnell oder langsam sein. Zum Beispiel die Jahreszeiten: von Winter (Yin) zu Frühling (Yang), von Sommer (Yang) zu Herbst (Yin).

 

Imbalancen von Yin und Yang

In der heutigen Gesellschaft ist es oft der Fall, dass ein Pol überausgeprägt ist während der andere ignoriert und vielleicht sogar abgelehnt oder verachtet wird. Ist dies der Fall, zeigt sich das durch Turbulenzen im Leben, vor allem in zwischenmenschlichen Beziehungen.

Die Sekundär-Energie ist unbedingt notwendig, um die Kernenergie auszugleichen.

Wenn Kern-Yin-Energie nicht durch Yang ausgeglichen wird, kann es zu Schwäche, Passivität und Unterwerfung kommen. Ein Beispiel: Menschen, die in missbräuchlichen Beziehungen bleiben, leiden unter unausgeglichenem Yin. Ohne die entgegenwirkenden gesunden Yang-Kräfte fehlt es an einem inneren Beschützer, der Grenzen zieht und aktiv die Situation verändert.

Wenn Kern-Yang-Energie nicht durch Yin ausgeglichen wird, passiert genau das Gegenteil. Dies kann sich zeigen durch: Dominanz, Unverbundenheit, gewaltvollem und radikalem Umgang mit anderen Menschen und der Umwelt, Machtverhältnisse ausnutzen sowie Narzissmus.

Eine andere Imbalance kann sein, dass Menschen vorrangig aus ihrer Sekundär-Energie heraus agieren um in der Welt oder in persönlichen Beziehungen voranzukommen. Dadurch ignorieren und spielen sie ihre Kernenergie herunter. Eine Kern-Yin-Frau, die als hochrangige Managerin in einer männlich dominierten Welt erfolgreich sein möchte, hat möglicherweise ihre Kernenergie ignoriert während sie ihre Sekundär-Energie überbetont. Ein Kern-Yang-Mann hat vielleicht feminine Attribute angenommen, weil er in seiner Kindheit unausgeglichene Yang-Energie in Form von Gewalt erfahren hat und unterdrückt vielleicht dadurch seine Kernenergie.

Idealerweise sind beide Energien, die Kernenergie und die Sekundärenergie ausgeprägt und ergänzen einander.

 

Nachstehend eine kurze Übersicht von Yin- und Yang-Eigenschaften im ausgeglichen und im unausgeglichenen Zustand:

 

Yin – Feminin:

Ausgeglichen:

Intuitiv, kreativ, nährend, fühlend, sich hingebend, empfangend, sensibel, im Fluss, passiv, beruhigend, entspannend, nachgebend, erlaubend, empfänglich

 

Unausgeglichen:

Machtlos, kraftlos, schwach, zurückhaltend, Opfer-Rolle, Ko-Abhängigkeit, Bedürftigkeit

 

Yang – Masukulin:

Ausgeglichen

Selbstbewusst, selbstsicher, zuversichtlich, verantwortungsbewusst, konzentrationsfähig, logisch und analytisch, führend/richtungsweisend, gebend, klar, diszipliniert, aktiv, Grenzen setzend

 

Unausgeglichen:

Dominant, aggressiv, kontrollierend, Konkurrenz orientiert, kritisierend, Vermeidung/Abwendung

 

Ich persönlich finde die energetische Perspektive von Yin und Yang unglaublich schön und bereichernd. Denn, zu erkennen, dass Yin und Yang immer da ist – in allem in uns und um uns – und zu verstehen, was es heißt, diese Energien auszugleichen, kann so befähigend und lebensverändernd sein.

Im Frauenkreis am 21.2.2020 werden wir uns mit diesem Thema beschäftigen und in einer geführten Meditation und Reflexion herausarbeiten in welchen Lebensbereichen wir vielleicht mehr Balance brauchen.